Das verstohlene Bekenntnis des Marburger SDS zur antisemitischen BDS-Kampagne

Wir teilen die Kritik des Bündnis gegen Anitsemitismus Marburg an der geplanten Veranstaltung des SDS Marburg mit Nirit Sommerfeld und dokumentieren als unterstützende Gruppe die komplette Stellungnahme:

 

Das verstohlene Bekenntnis des Marburger SDS zur antisemitischen BDS-Kampagne

Gerade jährte sich zum 50. Mal, dass der Sozialistische Deutsche Studentenbund SDS den Botschafter des Staates der Shoa-Überlebenden Asher Ben-Natan bei seinem ersten Besuch in der BRD in Frankfurt am Main gnadenlos niederbrüllte. Auch in anderen Städten und Universitäten Deutschlands wurde versucht, Ben-Natan das Leben zur Hölle zu machen.[1]Blind für die simple Tatsache, dass hier Nachfahren deutscher Täter schon wieder Juden aus deutschen Universitäten zu jagen versuchten, beteiligt der auch der heutige SDS[2]im falschen Bewusstsein moralischer Überlegenheit an der Verbreitung antisemitischer Propaganda.
Jetzt hat der Marburger SDS Nirit Sommerfeld eingeladen, die am 4. Juli aus ihrem Leben erzählen soll. Sommerfeld ist eine drittklassige Schauspielerin und Musikerin, die sich auf die Fahnen schreibt „Jüdin, Israelin [und] Deutsche“ zu sein und deshalb allen Ernstes glaubt, keine antisemitischen Positionen vertreten zu können. Schon der Titel der Veranstaltung – „Daheim entfremdet. Erkenntnisse aus meinem Mutterland, der ‚einzigen Demokratie im Nahen Osten‘ als Besatzerstaat“ – verrät jedoch, dass Sommerfeld die Lüge verbreiten wird, Israel sei keine Demokratie[3]und dessen Existenzrecht mit der Bezeichnung als „Besatzerstaat“ infrage stellt.
Ein kurzer Blick darauf, welche Positionen Sommerfeld vertritt, lässt keinen Zweifel daran, dass ihre Erzählungen einseitig alle Aggressionen dem Staat Israel zuschreiben und antisemitischen Terror verschweigen oder gar als bloßen „Ausdruck der Verzweiflung und Ohnmacht“[4]legitimieren. Alle Ursachen für Gewalt werden dogmatisch auf der Seite Israels verortet – die damit einhergehende Dämonisierung Israels, des „Juden unter den Staaten“, ist antisemitisch. Damit kommt Sommerfeld auch bei der verschwörungsfantasierenden Querfront gut an: Auf Plattformen wie „Rubikon“[5]und „Nuoviso.tv“[6]schwadroniert Sommerfeld unter den Titeln „der Apartheidstaat“[7]oder „Wikipedia – die Wahrheit hinter der ‚Wahrheit‘“[8]über Israel und die allmächtige „Israellobby“, den aktuellen Wiedergänger der jüdische Weltverschwörung.
Natürlich versteht Sommerfeld selbst sich nicht als Antisemitin; doch das zeigt einzig und allein, dass weder sie noch der SDS im Ansatz verstehen, was Antisemitismus ist: Ungetrübt von 90 Jahren Antisemitismusforschung erklärt Sommerfeld, man müsse bloß „erkennen, dass Antisemitismus eine Form von Rassismus ist, nicht mehr und nicht weniger“.[9]
Auf ihrer Website[10]macht Sommerfeld aus ihrem antisemitischen Welt- und Israelbild keinen Hehl: Direkt auf der Startseite findet sich das 2017 entstandene Lied „Alles Schein“. In dieser musikalischen Zumutung projiziert sie eine erstaunliche Bandbreite antisemitischer Stereotype auf den Staat Israel: Die Zeile „Du folterst gnadenlos, sperrst Kinder ein, du tötest“ stellt den jüdischen Staat nicht bloß als böse und sadistisch dar, sondern spielt sogar die antisemitische „Kindermörder“-Karte. Dem Lied zufolge lügt der Staat Israel geradezu pathologisch, betrügt, ist gierig, eitel und gefühllos, verdirbt Kinder und „knebelt“ den Verstand selbst der Erwachsenen – alles Attribute, die Antisemit*innen „dem Juden“ zuschreiben. Israel wird vorgeworfen, dass „an jeder Ecke ein Gewehr“ steht, ohne jedoch darauf hinzuweisen, dass der Grund für die drastischen Sicherheitsmaßnahmen der fortwährende Terror fanatischer palästinensischer Antisemit*innen ist, die Sommerfeld in ihrem Fanatismus noch befeuert. Selbst für das völkisch-antisemitische Motiv, dass alle Völker nur „Frieden, Freiheit und Glück“ wollen und dass allein Israel, der einzige jüdische Staat der Welt, dieser Utopie im Weg stehe, ist sich Sommerfeld nicht zu schade.
Es ist kein Zufall, dass der SDS ausgerechnet jetzt diese Veranstaltung organisiert hat. Sie ist vor dem Hintergrund zweier Resolutionen zu sehen, die den antisemitischen Charakter der BDS-Bewegung unterstreichen und festhalten: Neben dem deutschen Bundestag[11]hat auch der FZS (Freier Zusammenschluss von Student*innenschaften) kürzlich eine längst überfällige Resolution verabschiedet, die den antisemitischen Charakter der Boykottkampagne „BDS“ klar benennt und folgerichtig die Kooperation mit dieser verweigert. Der SDS ist als einzige Hochschulgruppe nicht der Aufforderung des FZS nachgekommen, diese Resolution zu unterschreiben.[12]
Zwar wagt es der SDS derzeit nicht, sich öffentlich zu BDS zu bekennen, die Einladung von Nirit Sommerfeld ist jedoch als deutliches Bekenntnis zur antisemitischen BDS-Kampagne zu werten: Auch wenn Sommerfeld sich explizit nicht als BDS-Aktivistin bezeichnet, verteidigt und bewirbt sie jedoch die Boykottbewegung bei jeder Gelegenheit, kauft nach eigenen Angaben keine israelischen Produkte und unterzeichnete nicht zuletzt 2010 die „Stuttgarter Erklärung“[13], das Gründungsdokument von BDS in Deutschland. Sommerfeld retweetet BDS-Tweets und freute sich mit BDS, als der brasilianische Musiker Gilberto Gil auf Druck von BDS ein Konzert in Israel abgesagt hatte.[14]BDS-Versteherin, Israel-Boykotteurin und Unterzeichnerin des Kick-Off-Dokuments der deutschen BDS-Bewegung – was braucht es mehr, um sich das Label „BDS-Aktivistin“ zu erarbeiten?[15]
Diese Veranstaltung ist eine weitere Schande in der langen Liste der antisemitischen Irrfahrten des SDS[16] und eine kaum verborgene Solidaritätserklärung mit der antisemitischen BDS-Kampagne. Seit über 50 Jahren steht das Label SDS für antisemitische Agitation und offensichtlich sind die Verantwortlichen weder fähig noch willens dazu, sich mit diesem Problem auseinanderzusetzen.
Bündnis gegen Antisemitismus Marburg
Junges Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Mittelhessen
Offenes Antifa-Treffen Marburg
Linke Fachschaft Marburg
SJ – Die Falken Marburg
Antirassistische & Antifaschistische Initiative Gießen
Junges Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Kassel
Studentische Initiative gegen Antisemitismus Gießen
Antifaschistisches Kollektiv 069
Antifa Estintore
Antifaschistisches Kollektiv: Raccons
[2] Der 2007 gegründete Sozialistisch-demokratische Studierendenverband knüpft mit dem Akronym SDS bewusst an den 1970 aufgelösten Sozialistischen Deutschen Studentenbund SDS an.
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Demokratieindex. Israel lag 2018 auf Platz 30, einen Platz hinter Frankreich und vor Ländern wie Belgien (31), Italien (33), Griechenland (39), Polen (54) und Kroatien (60)
[4] https://www.bib-jetzt.de/ Sommerfeld ist Geschäftsführerin von BIB.
[5] https://www.rubikon.news/, siehe insb. die Rubrik „Fassadendemokratie und tiefer Staat“.
[9] Siehe den Link in Fußnote 15. Nachhilfe diesbezüglich findet man etwa bei der Bundeszentrale für politische Bildung: https://www.bpb.de/politik/extremismus/antisemitismus/37945/antisemitismus?p=all

 

Die Veröffentlichung erfolgte auf der Facebookseite des BgA Marburg: https://de-de.facebook.com/notes/b%C3%BCndnis-gegen-antisemitismus-marburg/das-verstohlene-bekenntnis-des-marburger-sds-zur-antisemitischen-bds-kampagne/1739886262811357/